Exkursionsbericht "Auf den Spuren der Römer in Germanien" 1994, Teil 3 |
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14. Oktober 1994 - Varusschlacht Vormittags wurde die damals recht junge Ausgrabung in Kalkriese besucht. Der Ausgrabungsleiter Dr. Wolfgang Schlüter führte durch das Grabungsgelände und erklärte die neueste Befundsituation. Nur wenige Dinge gelten im Zusammenhang mit der Varusschlacht als gesichert. Dazu gehört, dass sie im Jahre 9 n. Chr. stattfand und drei römische Legionen samt Tross (ca. 20.000 Personen) und mindestens ebenso viele Germanen beteiligt waren. Diesem Ereignis waren mehrere Jahre vorausgegangen, in denen die Römer Gesetzgebungen, Verwaltungsstrukturen und die Steuerpflicht im Land zwischen Rhein und Weser oder sogar Elbe durchzusetzen versuchten. Mit der Schlacht im Teutoburger Wald scheiterte der Versuch der römischen Weltmacht, die germanischen Völker zu unterwerfen und das Land zur römischen Provinz zu machen. Von einigen Vorstößen und temporären Besetzungen rechtsrheinischer Gebiete abgesehen, hat sich daran bis zum Ende des römischen Reiches nichts mehr geändert. Die Frage, die die Forschung seit über 800 Jahren bewegt, ist der Ort des Schlachtfeldes. Wo fand die Varusschlacht statt? Mindestens 750 mehr oder weniger seriöse Theorien sind publiziert worden. Lediglich Tacitus weist auf eine Schlacht im "Teutoburger Wald" hin. Der vielfach als Beleg der Schlacht herangezogene Grabstein des Marcus Caelius zeigt zumindest, dass die 18. Legion im Feldzug des Varus unterging. Ob Marcus Caelius in der Schlacht oder auf dem Feldzug sein Leben verlor, erschließt sich nicht eindeutig aus der Inschrift. |
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Der Grabstein des Marcus Caelius, das Original steht im Rheinischen Landesmuseum in Bonn. |
Die Inschrift lautet: M(arco) Caelio T(iti) f(ilio) Lem(onia tribu) Bon(onia) "Dem Marcus Caelius, dem Sohn des Titus, aus dem Stimmbezirk Lemonia, aus Bologna, dem Hauptmann der 1. Kohorte der 18. Legion, 53 Jahre alt. Er ist gefallen im Krieg des Varus. Es wird erlaubt sein, (seine) Gebeine hier zu bestatten. Publius Caelius, der Sohn des Titus, aus dem Stimmbezirk Lemonia, sein Bruder, hat (diesen Stein) gemacht."
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Vor allem im aufblühenden Nationalbewusstsein des 19. Jahrhunderts glaubte man, diese habe bei Detmold im heutigen Teutoburger Wald stattgefunden. Der Streit über den richtigen Ort wird jedoch immer noch von vielen Heimatforschern erbittert geführt. Mit den Funden von Kalkriese scheint die Suche nun ein Ende gefunden zu haben. Es scheint fast sicher: Die Varusschlacht fand am Kalkrieser Berg nahe Osnabrück statt. Zahlreiche Funde auf dem Grabungsgelände bestätigen diese Vermutung. Weitere Informationen bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Varusschlacht. |
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Lage der Grabungsstelle zwischen Kalkrieser Berg und Großem Moor |
Münzfunde aus Kalkriese |
Als erstes fand der Engländer Tony Clunn im Juli 1987 eine kleine Münze, einen römischen Denar, der auf der einen Seite Augustus und auf der anderen Seite zwei Figuren mit gekreuzten Speeren zeigt. Seitdem wurden über 1500 römische Münzen und hunderte Militaria ausgegraben. Fast alle "Nicht-Münzfunde" sind Metallobjekte, z.B. Schutz- und Angriffswaffen und Zubehör der römischen Militärtracht. Die Bleigeschosse, Wurfspeere und Lanzenschuhe, die gefunden wurden, belegen, dass die Römer Angriffswaffen mitführten. Als Hinweis auf die Reiterei fand man die Querstange einer Hebelstangentrense und bronzene Riemenlaschen und -beschläge. Dabei war die ehemals mit Silberblech überzogene Maske eines Gesichtshelms einer der bekanntesten Funde. Sie gehörte vermutlich einem gallischen Reiter im Dienst der Römer. Eiserne Trensen und Ketten, Jochbeschläge aus Bronze und ein Deichselkappenanhänger weisen auf einen Tross aus Maultieren hin. Nach weiteren umfangreichen Ausgrabungen, die Wallanlagen und Erdgruben mit Menschen- und Tierknochen zu Tage brachten gilt die Vermutung, Kalkriese sei der Ort der Varusschlacht, heute als bewiesen. |
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Grabungsleiter Prof. Schlüter erläutert den Befund der germanischen Wallanlagen |
Die berühmte Reitermaske wurde als unscheinbares Metallknäuel gefunden und hat erst während der Restaurierung seine Schönheit offenbart. |
1994 waren die Funde in einem alten Stall untergebracht und die Anfahrt nur spärlich ausgeschildert. Heute hat der Besucher weniger Probleme, nach Kalkriese zu finden. Zu sehen gibt es dort ein Museum über die Schlacht, das Ausgrabungsgelände und einen Museumspark (http://www.kalkriese-varusschlacht.de). |
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Auf dem Weg zum Hermannsdenkmal wurde ein lohnenswerter Abstecher in das Freilichtmuseum Oerlinghausen gemacht. Auch wenn es wenig Römisches zu sehen gibt, kann man sich eine gute Vorstellung über die Lebensweise vor 2000 Jahren machen (http://www.afm-oerlinghausen.de). |
Nachbauten germanischer Häuser in Oerlinghausen |
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Nahe dem Hermannsdenkmal wurden die Externsteine besucht, eine skurrile monumentale Felsengruppe. Eine verwirrende Vielfalt von Einzelerscheinungen, die die Nutzung über Jahrhunderte zeigen, haben das Gesamtbild stark vermischt. Die Sandsteinformation wurde seit Ende der Eiszeit als Wohn- und Jagdgelände genutzt. Später wurden Kapellen, Grablegen und Befestigungsanlagen angelegt. Im dritten Reich wurde versucht, die Externsteine zu einem germanischen Heiligtum zu stilisieren. Wissenschaftliche Belege hierzu fehlen allerdings. Weitere Informationen Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Externsteine oder eine esoterisch angehauchte Seite mit netten Bildern (http://www.externstein.de). |
Gesamtansicht der Externsteine |
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Der letzte Besuchspunkt war das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald bei Detmold. Aus der Überzeugung (s.o.), dass die Varusschlacht im Teutoburger Wald stattgefunden hat, wurde das Denkmal für Hermann den Cherusker aus nationalistischem Pathos gebaut. Der Architekt Ernst von Bandel (1800-1876) hat es geplant. Von Bandel erlebte als Kind die Zeit der napoleonischen Besatzung und der sog. Befreiungskriege. Er erklärte die Errichtung des Hermannsdenkmals schon im jugendlichen Alter für seine Lebensaufgabe. Im Jahre 1838 begannen die Bauarbeiten, welche aber nur schleppend vorankamen, weil das Geld fehlte. Von Bandel erhielt weniger Spenden als er erwartet hatte. Dadurch ruhte die Bautätigkeit jahrelang. 1863 schrieb von Bandel alle Schüler der Mittelschulklassen an und bat darum, Geld für die "nationale Tat", wie von Bandel das Bauwerk nannte, zu sammeln. 1869 fehlten immer noch 30.000 Taler, mehr als ein Drittel der Gesamtbausumme. Daraufhin spendete Wilhelm I. mehrere tausend Taler. Später spendete er noch insgesamt 19.000 Taler. Das 7 Meter lange Schwert wurde von der Firma Krupp gespendet. Die Inschrift lautet: "Deutsche Einigkeit meine Stärke, meine Stärke Deutschlands Macht" 1875 wurde das Denkmal im Beisein Kaiser Karls feierlich eingeweiht. Im Grundsteingewölbe sind zwei Flaschen mit Rheinwasser bzw. Rheinwein eingemauert. Sie enthalten die Inschrift: "An Arminius Über den Rhein hast du einst Roms Legionen getrieben, und Germanien dankt dir, dass es heute noch ist. Schwinge ferner dein Schwert, wenn Frankreichs plündernde Horden gierig lechzend des Rheins heimische Gauen bedrohn." Weitere Informationen Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Hermannsdenkmal. |
Hermannsdenkmal bei Detmold |
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aktualisiert: 26.02.17 |
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